Autorenvorstellung: William Shakespeare (1564-1616)
“We are such stuff as dreams are made on, and our little life is rounded with a sleep.”
– aus: The Tempest (Der Sturm)
Was wäre eine Reihe über Autoren ohne den vermutlich bekanntesten englischsprachigen Dramatiker? Über sein Leben ist allerdings nur wenig bekannt, weshalb sich immer wieder „Verschwörungstheorien“ um ihn ranken. Hat er überhaupt gelebt? Stammen seine Stücke von Konkurrent Christopher Marlowe?
William Shakespeare wird Ende April 1564 in Stratford-upon-Avon in der Nähe von Birmingham geboren. Man weiß zwar, dass er am 23. April getauft wird, aber sein genauer Geburtstag ist nicht bekannt. 1582, also schon mit 18 Jahren, heiratet er Anne Hathaway (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Schauspielerin), mit der er drei Kinder hatte. Ab 1586 hält sich in London auf, wo er seine ersten Stücke schreibt. 1594 wird er ein Mitglied der Theatergruppe Lord Chamberlain’s Men (die sich 1603 zu Ehren des neuen Königs in The King’s Men umbenennt). Da dieser Gruppe das 1599 eröffnete Globe Theatre gehört, werden seine Dramen dort aufgeführt. Um 1610 zieht sich Shakespeare als reicher Mann nach Stratford zurück, wo er am 03. Mai 1616 (nach greg. Kalender) stirbt.
Shakespeare ist seit Jahrhunderten der Dramatiker schlechthin. Wer kennt nicht seinen Namen bzw. seine berühmten Tragödien? Schon im Sturm und Drang wurde Shakespeare verehrt, weil er all das verkörperte, was man an den Dramen der Zeit kritisierte. In der Rede Zum Schäkespears-Tag von 1771 rühmt Goethe Shakespeare dafür, dass er mit den Einheiten der Zeit, des Ortes und der Einheit bricht, Geschichten gegenwärtig macht. Nach Goethe ahmt er Natur und Menschen nicht nach, sondern erschafft sie sich selbst.
Auch wenn man sich in späteren Epochen wieder mehr Strenge und Ordnung zuwandte, blieb die Begeisterung für Shakespeare ungebrochen. Noch heute findet man in den Spielplänen der großen Theater regelmäßig mindestens eine Bearbeitung eines seiner Stücke. Woran liegt das?
Shakespeare war Dramatiker und Lyriker. Er veröffentlichte in einem Zeitraum von etwa zwanzig Jahren über dreißig Stücke, einige Gedichte sowie 154 Sonette, wobei nicht immer klar ist, ob Shakespeare tatsächlich der Autor ist.
Unter seinen Dramen sind große bekannte Tragödien wie Romeo und Julia, Hamlet, Macbeth, Historiendramen über englische Könige und antike Persönlichkeiten, und einige Komödien. Shakespeares Werke zeichnen sich vor allem aus durch seine Wortspiele, die sich nicht übersetzen lassen. Viele haben sich bereits an Übersetzungen versucht (u.a. Graf von Baudissin, das Ehepaar Tieck, A.W. Schlegel), denn Shakespeare im Original zu lesen ist auch für Leute, die des Englischen gut mächtig sind, nicht einfach; Er schrieb vereinfacht gesagt in einer englischen Version des Frühneuhochdeutschen. Unnachahmlich ist auch der Wechsel zwischen hoher versifizierter Sprache bei Hauptfiguren (die meist adligen Ursprungs sind) und Prosa bei Angehörigen niederer Stände oder in heiteren Nebengesprächen.
Shakespeares Tragödien sind meiner Meinung nach wirklich wunderbar, aber ich würde ihn nicht uneingeschränkt allen anderen Dramatikern vorziehen. Die Themen hat er sich übrigens nicht alle selbst ausgedacht; Romeo und Julia ist an die antike Sage von Pyramus und Thisbe angelegt, Hamlet war ähnlich wie der Fauststoff zu Shakespeares Zeiten ein sehr beliebtes Thema.
Unter seinen Komödien befinden sich viele lesenswerte Dramen (u.a. Der Sturm, Der Kaufmann von Venedig), allerdings auch sehr langatmige und uninteressante Stücke. Im Prinzip drehen sich alle Komödien um Liebe, die entweder (noch) nicht erwidert oder durch etwas gestört wird und am Ende doch in einer Heirat endet. Sehr beliebt ist auch das Verkleidungsspiel (Wie es euch gefällt, Was ihr wollt).
Letztlich bleibt es Geschmackssache, ob man seine Stücke mag oder nicht. Trotzdem lege ich jedem ans Herz, zumindest eines seiner Werke mal gelesen zu haben, allein schon aus Gründen der Allgemeinbildung.