Epochenrückblick 8: Biedermeier (1820-1850) – Rückzug ins Private
Schau, dort spaziert Herr Biedermeier
Und seine Frau, den Sohn am Arm;
Sein Tritt ist sachte wie auf Eier,
Sein Wahlspruch: Weder kalt noch warm.
Das ist ein Bürger hochgeachtet,
Der geistlich spricht und weltlich trachtet;
Er wohnt in jenem schönen Haus
Und – leiht sein Geld auf Wucher aus.
– Ausschnitt aus: Herr Biedermeier (1847) von Ludwig Pfau (1821-1894)
Wie bei so vielen anderen Epochen scheint im Biedermeier der Name Programm zu sein. Und auch das vorangestellte Gedicht gibt das Lebensgefühl dieser Zeit wieder. Doch wieso?
Der Biedermeier war eine Epoche, die sich praktisch parallel zum Vormärz entwickelte. Wir erinnern uns: der Vormärz, eine aufrührerische Zeit, die geprägt war von Konflikten, Aufständen und dem Wunsch, endlich in einem geeinten Deutschland leben zu können. Viele Menschen, darunter zumeist Studenten, die sich in Burschenschaften zusammenschlossen, kämpften und ließen für ihren Traum ihr Leben. Dabei mussten sie zahlreiche Niederlagen verkraften: Der Wiener Kongress 1814/1815 brachte kein einiges Deutschland, sondern einen lockeren Staatenbund aus 34 Fürstentümern und vier Freien Städten, in dem die alten absolutistischen Zustände größtenteils verblieben und nur durch wenige Reformen verändert wurde. Gegen sämtliche nationale Gesinnungen wurde radikal vorgegangen, besonders die Karlsbader Beschlüsse von 1819 zielten darauf ab, durch Zensur die Menschen zum Schweigen zu bringen. Dass die Ideen jedoch weiterlebten und nach Durchsetzung strebten, lässt sich im Artikel „Vormärz“ lesen.
Allerdings gab es auch die Enttäuschten; diejenigen, die sich aus der Politik zurückziehen und Halt und Ruhe im Privatleben suchen. Diesen Lebenstil nannte man später „Biedermeier“. Der Rückzug ins friedliche Private (in die Idylle), Ordnung, Ruhe und der Abstand zu den Unruhen steht bei ihm Vordergrund. Den “biederen” Menschen sah man als betont brav, unpolitisch und harmoniebedürftig an. Man traf sich zu Gesprächen, musizierte gemeinsam und verbrachte die Zeit mit der Familie. Dies zeigt sich auch in vielen zeitgenössischen Gemäldern, die weder wie die Romantik Natur noch der Vormärz Straßenschlachten zeigen, sondern vor allem Familien innerhalb ihrer Häuser, die mit ihrem Alltag beschäftigt sind.
Bekannte Autoren dieser Zeit waren Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848), die für ihre vielen Balladen sowie ihre Novelle “Die Judenbuche” (1842) bekannt wurde, der Dichter Eduard Mörike (1804-1875), Adalbert Stifter (1805-1868) und der Dramatiker Franz Grillparzer (1791-1872).